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Interview mit Karl Muggeridge |
Werde den Rennsport sicher vermissen |
Text/Bilder: Buenos Dias & Honda |
In der Superbike-IDM ist Halbzeit. Vier
Rennevents mit je zwei Läufen stehen noch aus, dann wird Karl Muggeridge
seine Rennkarriere beenden. Nach dem Finale in Hockenheim am 16. September
kehrt der 38-jährige Honda-Pilot, der in der Schweiz lebt und für das
Holzhauer-Team eine CBR1000RR Fireblade pilotiert, in seine Heimat nach
Australien zurück. Muggeridge, der 2004 Supersport-Weltmeister und 2010
Deutscher Superbike-Meister war, blickt im Interview in Vergangenheit
und Zukunft. |
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Frage: 2012 wird Deine letzte Rennsaison, hiess
es zu Saisonbeginn. Dann kehrst Du nach Australien zurück. Gilt das
noch? |
Muggeridge: Ja. Jede Karriere geht irgendwann zu
Ende. Die Entscheidung über den Zeitpunkt hängt damit zusammen, dass
meine Kinder daheim in der Schweiz in ein schulpflichtiges Alter kommen.
Wenn wir jetzt nicht umziehen, wird es schwierig bis fast unmöglich
für die Zukunft. Es ist zwar so, dass Honda und Holzhauer gerne mit
mir weiter machen würden und wir noch Gespräche führen. Gleichzeitig
kann ich mir aber nicht vorstellen, dass die Familie in Australien ist
und ich weiter in Deutschland Rennen fahre. Dafür sind mir meine Frau
und meine beiden Jungs zu wichtig. Fest steht, dass ich am 15. Dezember
mit meiner Familie nach Australien zurückfliege. |
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Frage: Du hast in Deiner Heimat bereits
Vorkehrungen für die Zukunft getroffen? |
Muggeridge: Ja, ich habe letzten Winter ein Haus
gebaut, an der Gold Coast, in Coolangatta. Das ist eine kleine, ruhige
Ortschaft mit traumhafte Sandstränden und großartigen Wellen. Dort bin
ich aufgewachsen. Nur während der Saison, wenn die Touristen und Surfer
kommen, ist dort viel Trubel. Unser Haus liegt ein Stück vom Ufer zurück,
aber über ein Kanalsystem lässt sich mit dem Boot das Meer erreichen. |
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Frage: Du bist gelernter Uhrmacher. Was wirst
Du beruflich unternehmen? |
Muggeridge: Ideen gibt es mehrere. Die
wahrscheinlichste ist, etwas mit meinem sechs Jahre älteren Bruder Jamie
auf die Beine stellen. Es hat weiter weg zwei Motorradgeschäfte unter
der Bezeichnung „Sunstate Motorcycles“ wir würden ein weiteres in Coolangatta
eröffnen, das ich dann führe. Welche Marken? Honda, Suzuki, Kawasaki,
Yamaha und Triumph. |
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Frage: Gefällt Dir der Gedanke, Motorradhändler
zu werden? |
Muggeridge: Nicht wirklich (muss lachen), aber
es klingt okay. Die Branche ist ja eher angenehm. Vielleicht bin ich
zu ehrlich, um ein guter Geschäftsmann zu sein. Aber grundsätzlich sollte
es mir Freude bereiten und auch möglich sein, erfolgreich zu sein. Jedenfalls
ist es ein Plan, der eine Herausforderung darstellt und mich ordentlich
einspannen wird. |
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Frage: Wie fühlt es sich an, wenn
das Ende der Rennkarriere näher rückt? |
Muggeridge: Vier IDM-Events stehen noch aus, noch
ist es nicht soweit. Wahrscheinlich kann ich das erst in Hockenheim
beantworten. Bislang ging es im Winter immer nur in den Urlaub nach
Australien, um sich zu erholen. Diesmal wird keine Rückkehr geplant. |
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Frage: Wirst Du den Rennsport vermissen? |
Muggeridge: Ganz sicher sogar. Honda und das Holzhauer-Team
haben es mir in der IDM immer leicht gemacht, mich wohl zu fühlen. Wir
arbeiten seit drei Jahren zusammen, machen den Job so gut wie möglich.
Auch in schwierigen Zeiten in der WM war es nie so, das ich keine Bikes
mehr sehen konnte. Ohne Rennsport wird das Leben vermutlich eher härter,
auf jeden Fall aber interessant. |
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Frage: Was meinst Du damit? |
Muggeridge: Freizeit und chillen ist für eine Weile
okay, aber als Dauerzustand nicht erstrebenswert. Mehr Zeit für mich
werde ich eher nicht haben. Will ich auch gar nicht. Nur fischen gehen
oder faul herumsitzen, ist nicht mein Stil. Mir ist es lieber, sich
Ziele zu setzen oder Projekte zu beginnen und daran arbeiten, diese
zum Erfolg zu führen. |
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Frage: 2004 warst Du Weltmeister auf
der Ten Kate Honda CBR600RR. Eine schöne Erinnerung? |
Muggeridge: Ich habe 7 von 10 Rennen gewonnen.
Es war ein großartiges Feeling, wenn auch nicht ganz so euphorisch wie
vorher ausgemalt, vielleicht weil alles zu glatt ging. Ich erinnere
mich aber daran, dass ich mich beim vorletzten Rennen in Imola extrem
anstrengen musste, um meinen Teamgefährten Broc Parkes zu schlagen.
Taktisch fahren kam nicht in Frage. Ich wollte den WM-Titel holen und
dabei unbedingt ganz oben am Treppchen stehen. Es war nicht einfach,
aber ich habe den Nagel so eingehauen, wie es sich gehört, mit einem
Sieg. |
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Frage: Gab es zur WM-Feier einen denkwürdigen
Kater dazu? |
Muggeridge: Nein, es waren viel zu viele Leute
da, um sich zu betrinken. Aber die Meisterfeier dauerte lange, viel
Schlaf habe ich in der Nacht nicht mitgenommen. Aber ich brauche eh
nicht viel Alkohol, in paar Bier, das reicht. |
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Frage: Und der Superbike-IDM-Titel
2010 mit der Holzhauer-Fireblade? |
Muggeridge: In der ersten Saisonhälfte hatte ich
einige Rennen gewonnen, dann holten die anderen auf. Am Ende habe ich
den Vorsprung verteidigt und mit etwas Glück über die Runden gebracht.
Wir haben den Titel gewonnen, was großartig war. Alle waren glücklich.
Aber es war kein starkes Finish. Die Saison stark beenden ist wichtig,
das will eigentlich jeder. |
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Frage: Im ersten IDM-Jahr warst Du
Meister, in der zweiten Saison dann Dritter. War deine Performance als
Fahrer nicht so gut wie im ersten? |
Muggeridge: Die anderen haben 2011 deutlich an
Leistung zugelegt. Das machte es schwierig. Ich habe immer probiert,
aus den Möglichkeiten das Maximale herauszuholen. Aber wenn man nicht
am Podest steht, nimmt davon keiner Notiz. |
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Frage: Und in der IDM-Saison 2012? |
Muggeridge: Mit dem neuen Technikreglement haben
wir Leistung aufgeholt. Es ist auf jeden Fall ausgeglichener. Die anderen
haben inzwischen ebenfalls modifizierte Nockenwellen. Es kommt auf die
Strecke an, wie sich das auswirkt. Jedenfalls sind wir besser bei der
Musik. Unsere Rundenzeiten im Training sind top, wir sind meist aus
der Reihe gestartet und waren zunächst immer vorne mit dabei. Was wir
verbessern müssen ist, den Speed über die Distanz zu halten. Daran arbeiten
wir. |
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Frage: Der schlimmste Karriere-Moment? |
Muggeridge: 2006 in Valencia. Ich war in der In-Lap
langsam am Streckenrand unterwegs, schaute mich nach anderen Fahrern
um, plötzlich flog ich in hohem Bogen ab. Ich lag mit verletztem Rücken
auf der Strecke und hatte fürchterliche Schmerzen. Ich konnte nicht
mehr atmen. In dem Moment habe ich gedacht, das war´s, mit diesem Sport
will ich nichts mehr zu tun haben. |
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Frage: Trotzdem bist Du weiter Rennen
gefahren. |
Muggeridge: Als sich im Hospital herausstellte,
dass keine Lähmung drohte, rückten diese Gedanken wieder in der Hintergrund.
Was blieb waren die Schmerzen, aber damit konnte ich umgehen. Ich wurde
operiert und stieg nach sechs Wochen wieder auf´s Motorrad. Das
war der größte Fehler meiner Karriere. Ich war höchstens 70 % fit, hatte
keine Kraft, wurde rasch müde. Ich schleppte mich nur von Rennen zu
Rennen. Erst beim Saisonfinale war ich einigermaßen wieder in Form.
Dann verlor Ten Kate-Honda Winston als Sponsor und ich meinen Job. |
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Frage: Die wichtigste Person in Deinem
Leben? |
Muggeridge: Meine Frau Isabelle natürlich. Punkto
Rennsport Roger Harvey, der bei Honda Britain für Racing zuständig ist.
Als ich 1996 nach England ausgewandert war, stürzte sein Fahrer Karl
Harris und räumte mich mit ab, dabei wurde meine CBR600 komplett zerstört.
Abends kam Harvey zu mir und sagte: »Schick mir ein Fax mit allen Teilen,
die du zur Reparatur brauchst, ich kümmere mich darum.« Ich hätte sonst
aufhören müssen. Harvey fädelte auch ein, dass ich später für Castrol-Honda
in England fahren konnte. Das wiederum war mitentscheidend für den Anruf
des Ten Kate-Teams für einen Wildcard-Einsatz in der Supersport-WM in
Assen. Ich führte im Rennen lange und wurde nach einem Durcheinander
und Abbruch mit roter Flagge Vierter. Letztlich öffnete mir das die
Tür in die WM. |
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Frage: Was wird Dir fehlen, wenn der
Helm dann am Nagel hängt? |
Muggeridge: Wahrscheinlich das Reisen kreuz und
quer durch verschiedene Länder, das ständig Neue, viele Bekanntschaften
und Freunde. Man hat ja doch eine Menge Leute und Fans kennen gelernt,
rund um den Globus. |
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Frage: Ist für Dich denkbar, in Australien
als Händler im Motorsport aktiv zu werden? |
Muggeridge: Nicht selber fahren, aber ein Team
aufbauen, mit einem Nachwuchsfahrer – ja, in die Richtung könnte mir
etwas vorstellen. |
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Frage: Was passiert mit den Pokalen,
Trophäen und Andenken Deiner Karriere? |
Muggeridge: Ich habe immer alles verschenkt oder
weggegeben. Mit Ausnahme der WM-Titel-Trophäe, eine schwere Bronze-Skulptur.
Zu Hause bei mir gibt es sonst nichts, was darauf hinweist, dass ich
meinen Lebensunterhalt als Motorrad-Rennfahrer verdiene, nicht mal ein
Foto. Aufgehoben habe ich aus jeder Saison immer nur einen Lederkombi
und einen Helm. |
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Frage: Mit welcher Einstellung wirst Du in
Hockenheim beim letzten Rennen an den Start gehen? |
Muggeridge: Mit der gleichen wie immer. Konzentriert
und erfolgsgierig. Was danach passiert? Keine Ahnung. Vielleicht steigt
eine Party, das hängt ja auch vom Rennausgang ab. |
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Frage: Schon irgendwelche Ideen oder Pläne
für die Auslaufrunde? |
Muggeridge: Vielleicht ein Burnout? Das hab ich
bisher kaum gemacht, weil das Motorrad hinterher total verdreckt ist
und die Mechaniker nur viel Arbeit mit der Reinigung haben. Auch weil
die Hitzenentwicklung nicht unbedingt gut für den Motor ist. Aber eigentlich
ist das noch zu weit weg. |
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Frage: Zwar reicht die TV-Berichterstattung
nicht bis Australien; aber einmal angenommen, Du verkauft 2013 in Deinem
Shop Bikes und Zubehör und im Fernsehen läuft das erste IDM-Rennen der
Saison – was geht dann in Dir vor? |
Muggeridge: Vielleicht etwas Ähnliches, als es
in der Superbike-WM nicht weiter ging. Man rechnet sich aus, wo man
stehen könnte. Aber traurig werde ich nicht sein. Ich denke, man muss
mit dem glücklich sein, was man macht – enjoy the ride you have! |
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Karl Muggeridge |
Geburtsdatum |
20. April 1974 |
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Wohnort |
Wallisellen/Schweiz |
Heimatort |
Coolangatta/Australien (südlich von Brisbane) |
Beruf |
Profi-Rennfahrer; gelernter Uhrmacher |
Familie |
verheiratet mit Isabelle, Söhne Ryan und Oliver |
Hobbys |
Schwimmen, Surfen, Golf, Snowboarding, Tennis |
Lieblings-Strecke |
Brands Hatch |
Lieblings-Start-Nr. |
31 |
Internet |
www.muggas.com |
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Karriere |
1984-93 |
Siege und Titel in australischer Motocross- und Supercross-Championships
(lokal und national) mit 50er, 60er, 80er, 100er, 125er und
250er Bikes |
1994 |
Australische 250er Production-Championshipauf Suzuki, Endrang
12 |
1995 |
Australische 250er Serienmeisterschaft auf Suzuki, Endrang
4 |
1996/1997 |
diverse Rennen in 600er EM und Aussie-Meisterschaft |
1998 |
Supersport-WM Misano, Castrol-Honda, Platz 11 Britische
600er Championship, CBR 600, 2 x 4. Platz |
1999 |
Britische 600er Championship, Castrol-Honda CBR600, Endrang
4 |
2000 |
Supersport-WM, Ten Kate Honda 600, Endrang 5 |
2001 |
Supersport-WM, Alstare-Suzuki 600, Endrang 7 |
2002 |
Supersport-WM, Honda UK Racing, Endrang 14 |
2003 |
Supersport-WM, Ten Kate Honda CBR600RR, Endrang 4 |
2004 |
Supersport-WM, Ten Kate Honda CBR600RR, Weltmeister |
2005 |
Superbike-WM, Ten Kate Honda CBR1000RR, Endrang 11 |
2006 |
Superbike-WM, Ten Kate Honda CBR1000RR, Endrang 12 |
2007 |
Superbike-WM, Alto Evolution Honda 1000, Endrang 16 |
2008 |
Superbike-WM, DFX Racing Honda 1000, Endrang 15 |
2009 |
Einsätze mit Celani-Suzuki und Alstare Suzuki (Superbike-WM)
und HM Plant Honda (BSB) |
2010 |
Superbike IDM, Holzhauer Honda CBR1000RR Fireblade, Meister |
2011 |
Superbike IDM, Holzhauer Honda CBR1000RR Fireblade, Endrang
3 |
2012 |
Superbike IDM, Holzhauer Honda CBR10000RR Fireblade |
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Text/Bilder: Buenos Dias & Honda |
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