Fahrbericht SC77 - Das Warten hat ein Ende

3 der 4 Fireblades für 2017 - 2 mal Standard in rot und schwarz, sowie die SP-Version in HRC Fahren
3 der 4 Fireblades für 2017 - 2 mal Standard in rot und schwarz, sowie die SP-Version in HRC Fahren
Seit Jahren schauten Honda Superbike-Fans um diese Zeit in die Röhre, mussten sich mit neuen Farbschattierungen, der xten Repsol-Version oder auch mal 3PS Mehrleistung begnügen. Seit Jahren sind es immer die Anderen, die neue Maßstäbe in Sachen Elektronik, Fahrbarkeit und Leistung setzten, sah man in den Medien Bilder von Sportbikes die zum Verlieben waren. Der Fireblade-Fan hingegen versank in Stumpfsinn und Frust. Und die, die es nicht mehr ertragen konnten, wechselten das Pferd um diesem Gefühl zu entfliehen, um auch wieder gefühlt vorne mit dabei zu sein.
Doch nach 9 Jahre ist es endlich wieder soweit, Honda schickt zum 25 Jubiläum der Fireblade gleich drei Varianten ins Rennen. Eine Standard-Version mit traditionellen Federelementen und viel neuer Elektronik, eine SP-Version mit elektronischem Fahrwerk und noch mehr Elektronik sowie eine SP-2 als Basis für die Superbike-Rennserien und Rennsportambitionierte. Die beiden erstgenannten durften wir Mitte Januar auf dem Autódromo Internacional do Algarve bei Portimão ausgiebig testen.
Mit großen Erwartungen ging es nach Portugal. Beherbergt die neue Feuerklinge doch zum ersten Mal alle erdenklichen elektronischen Hilfsmittel und Throttle by Wire (TBW) – also einen elektronischen Gasgriff. Im Vergleich zur Vorgängerin, mit der man bis heute noch richtig schnell sein kann, ist die SC77 (Fireblade-Fans wissen mit den 4 Zeichen gleich was anzufangen) sagenhafte 15 Kg leichter und zieht mit 11 Pferdestärken mehr sowie 114 Newtonmetern an der Kette. Somit hat sie ihr bestes Leistungsgewicht aller Zeiten mit nahezu 1 PS pro Kilogramm erreicht, was wiederum Beeindruckende 14% besser ist also noch beim Vorgängermodell!
Honda CBR1000RR in der Standard-Version bereit für den Ersten Rollout auf dem Autódromo Internacional do Algarve
Honda CBR1000RR in der Standard-Version bereit für den Ersten Rollout auf dem Autódromo Internacional do Algarve
Leistungsgewicht als Basis der totalen Kontrolle
Gewicht und vor allem die Lage der Masse im Motorrad ist die Basis für ein schnelles, handliches und gut zu kontrollierendes Motorrad. Daher packten die Ingenieure nahezu jedes Teil an und optimierten es im Detail auf Funktion und Gewicht. So präsentiert sich die neue mit zum Beispiel einem 2,8 Kilogramm leichteren Titan-Auspuff, einer deutlich leichteren ABS-Einheit mit Kurvenfunktion und einem 2 Kilogramm leichteren Motor. 500 Gramm wurden am Rahmen eingespart und 800 Gramm am Heck. Dazu noch 5 statt 6 Speichen Felgen und bei der SP-Version ein 1,3 Kilogramm leichterer Titan-Tank sowie eine Lithium-Ionen-Batterie die wiederum 1 Kilogramm einspart.
Hier ist der Beweis - die Fireblade wiegt in der Tat 195Kg, 92Kg hinten und 103Kg vorne Hier ist der Beweis - die Fireblade wiegt in der Tat 195Kg, 92Kg hinten und 103Kg vorne
Hier ist der Beweis - die Fireblade wiegt in der Tat 195Kg, 92Kg hinten und 103Kg vorne
Tag der Wahrheit
Der Testtag war in 3 Teilen untergliedert. Gestartet wurde mit 2 Turns auf der Standard Fireblade und Bridgestone S21 Straßenreifen. Danach ging es mit der SP auf V02 Slicks im Manual Suspension Setting und anschließend in einem langen Stint mit Auto Suspension Settings raus bei herrlichen äußeren Bedingungen. Gerade im letzten Umlauf sollten wir die Gelegenheit haben, laufend Änderungen am Fahrwerk vorzunehmen und die Auswirkungen direkt zu spüren.
Handlich und immer für jede Kurve bereit - die CBR1000RR Fireblade im Standardtrim
Handlich und immer für jede Kurve bereit - die CBR1000RR Fireblade im Standardtrim
1.Turn – Erster Eindruck
Aufsitzen und wohlfühlen – das war schon immer eine Stärke der Honda und bleibt es auch in 2017. Rasten und Lenkerposition fühlen sich praktisch identisch zur Vorgängerin an, nur der Beinschluss am Tank ist weniger gespreizt. Kniewinkel und Kröpfung der Lenkerenden sind dagegen gewohnt sportlich aber durchaus tourentauglich. In sich, kommt sie deutlich schlanker und athletischere im Frontbereich daher was sich im Grunde wie eine 600er aus 2005er Jahren anfühlt.
Schlanke Linienführung, schmalerer Tank, wie damals die SC57
Schlanke Linienführung, schmalerer Tank, wie damals die SC57
Na dann, Zündung an, das TFT Farbdisplay, welches 3 unterschiedliche Anzeigemodi besitzt, begrüßt einen mit dem Hondalogo, informiert sehr übersichtlich und immer gut ablesbar. Der Motor läuft extrem ruhig und aus dem für Euro 4 Bedingungen sehr schön geformten Titan-Auspuff ist ein sattes brummen zu vernehmen. Sofort fällt auf, dass die neue Fireblade soundtechnisch nicht mehr mit dem langweiligen surren der Vorgängermodelle was zu tun hat. Gang rein und hinter keinem geringeren wie Freddie Spencer raus zum ersten Rollout.
Zwei Runden die neuen Bridgestone S21 Reifen anfahren, die für die Fireblade eine weitere Verfeinerung bekommen haben und dann ran ans eGas. Ja, die Fireblade kommt zum ersten mal mit einem elektronische Gasgriff daher, der es erst ermöglicht die ganzen elektronischen Helferleins zu verbauen. Dreht man an selbigem, so quitiert es die Blade mit sehr direkter, im M3 Modus vielleicht zu direkter Gasannahme und einer Soundkulisse die einem ein Gänsekostüm überwerfen lässt. Die 15 Kilogramm Abspeckkur spürt man gleich in den ersten Kurven, wenn sie schnell von rechts nach links umzulegen werden muss. Und auf der Bremse kommt kein Zweifel auf, dass sie einen genau dort hinbringen wird wo man es möchte. Der in der Standardversion optional verbaute Schaltassistenten, welcher einem ohne Kupplung hoch und runterschalten lässt, funktioniert sagenhaft gut.
Der richtige Modus nun auch für die Fireblade
Ja – Honda hat endlich eingesehen, dass Superbikes in der heutigen Zeit ein komplettes Paket an Elektronik benötigen, um dem Fahrer im richtigen Moment unterstützen zu können. Die Entwickler um Masatoshi Sato haben hierbei aber auch verstanden, dass die Piloten gerne eigenverantwortlich entscheiden möchten, wann und wie stark eingegriffen wird und habe eine Vielzahl an Varianten bis hin zur Deaktivierung hinterlegt. Einzig das ABS, kann nicht direkt am Bike deaktiviert werden, dies lassen EU-Regelungen nicht zu.
Honda teilt ihre Assistenssysteme in 3 Kategorien ein. So wird das Verhalten in der Beschleunigungsphase „Acceleration“, in der Bremsphase „Branking“ und während der Schräglage „Turning“ betrachtet. Alle Informationen fließen in der 40 Gramm leichten Bosch Inertial Measurement Unit – kurz IMU – zusammen. In diesem 5-Achsen Beschleunigungs-Sensor (Bosch MM5.10), werden zu den Informationen von außen, die Roll- und Gierrate sowie die Längs-, Quer- und Vertikalbeschleunigung gemessen und alle 10ms neu verarbeitet.
Insgesamt sind 5 Modi einstellbar, 3 fest vorgegebene „Street“, „Winding“ und „Track“ sowie 2 individuell einstell- und speicherbare. Abgeleitet von der MotoGP Reblica RC213V-S bestehen die Modi wiederum aus 3 Parametern „P“ Power, „T“ Drehmoment (Torque Control) und „EB“ Motorbremse. Diese Parameter wiederum können nochmals in 5 Stufen bei „P“, 9 Stufen bei „T“ und 3 Stufen bei „EB“ feinjustiert werden. Sitzt man auf der SP so kommen durch das elektronische Öhlins Fahrwerk weitere automatische und manuelle Modi mit jeweils zahlreichen Unterstufen für die Fahrwerkseinstellungen hinzu. Schaut erst mal alles recht komplex aus, ist aber nach 10 Minuten durchtesten ganz einfach zu verstehen und noch einfacher am Bike zu verstellen. Hier haben die Entwickler sich echt Gedanken gemacht und auch hier den Slogan „Total Control“ beherzigt.
Das perfekt strukturierte und intuitiv bedienbare Dashboard der Honda CBR1000RR Fireblade
Das perfekt strukturierte und intuitiv bedienbare Dashboard der Honda CBR1000RR Fireblade
2.Turn – Modus-Check
Wieder mit Standard Fireblade raus zum zweiten Umlauf. Inzwischen ist es angenehm warm und die Sonne hat den wunderschönen aber extrem anspruchsvollen Racetrack gut angewärmt. Mode 3 „Street“ in dem bis zum 4.Gang die Leistungsentfaltung beeinflusst wird sowie die Traktionskontrolle und Motorbremse auf voller Stufe steht, muss schnell dem Mode 2 „Winding“ weichen. Hier wird noch bis in den 3.Gang die Leistung geregelt, dafür Motorbremse und Drehmomentverlauf deutlich offener gestaltet. Richtig wohl fühlt man sich in diesen Modi allerdings nicht auf dem Racetrack, denn zum einen nimmt die Traktionskontrolle deutlich an Leistung raus und zum anderen passen die Abläufe zwischen hartem bremsen und beherzter Öffnung der Drosselklappen nicht so recht zusammen. Für eine sportliche Landpartie kann ich mir aber sehr gut vorstellen, dass diese Modi zu mehr Spaß und kontrollierter Fahrt führen.
Also Mode 1 „Track“ einstellen, was extrem einfach und ohne große Bestätigungsorgien durch drücken des SEL-Sachlters links möglich ist. In dieser Konfiguration wird nicht in die Leistungsentfaltung eingegriffen und die Honda Selectable Torque Control (HSTC) auf 2 von 9 Stufen gestellt, wobei 0 gleich deaktiviert bedeutet. Gleichzeitig greift die Motorbremse am geringsten ein und gibt einem mehr Kontrolle über´s Hinterrad beim beherzten anbremsen. Sofort fühlt man sich angekommen auf der Strecke, kann an seiner Linie arbeiten und die Fireblade um den Kurs prügeln.
Geht es richtig schnell zur Sache, dann kommt die Showa-Gabel und das BFRC Showa Federbein doch an ihre Grenzen. Insbesondere durch mein schlechtes „Leistungsgewicht“ und Größe, kommt Unruhe beim harten anbremsen und entsprechendem rausbeschleunigen ins Gerät. Insgesamt ist sie nicht mehr so stabil wie ihre Vorgängerin, dafür aber deutlich agiler und williger in schnellen Kurvenpassagen.
Bei den 4-Kolben TOKICO Stopper merkt man auch wieder, dass die Standard Fireblade kein reinrassiges Rennstreckengerät sein soll, sondern auch auf der Straße zuhause ist, denn die neu entwickelten Bremsbeläge vermitteln zwar ein gutes Gefühl und sehr stabilen Druckpunkt, könnten aber für den Renneinsatz bissiger zu Werke gehen. Wer also gerne auf den Racetrack unterwegs ist, der sollte unbedingt auf die SP ein Auge werfen.
Unbedingt verbaut werden muss der im Standardtrim optionale Schaltassistent, denn dieser arbeitet beim hoch- und insbesondere beim Kupplungslosen runterschalten beeindruckend präzise. Er ist sogar in 3-stufig einstellbar, sodass die Reißer genauso gut damit klar kommen wie die Schalthebelstreichler. Hier hat Honda eine neue Referenz im Seriensegment hingestellt – Respekt!
Das Entwicklungsteam der CBR1000RR Fireblade 2017: von links Masaki Kurahashi, Chiaki Yamamoto, Satoru Okoshi, Masatoshi Sato, Kyoichi Yoshii, Fujuki Hosokawa, Koji Koyano, Yasunori Iwaya
Das Entwicklungsteam der CBR1000RR Fireblade 2017: von links Masaki Kurahashi, Chiaki Yamamoto, Satoru Okoshi, Masatoshi Sato, Kyoichi Yoshii, Fujuki Hosokawa, Koji Koyano, Yasunori Iwaya
Und wie steht´s um die Leistung?
Ein Thema das die Superbike-Gemeinde spätestens seit der R1-Vorstellung 1998 brennend interessiert. Denn während alle Hersteller auf immer mehr Leistung setzten, zog sich Honda auf ihre Philosophie der totalen Kontrolle zurück. Daher ist es umso erstaunlich, dass diesmal gleich 11 Pferdestärken draufgesattelt wurden, was hauptsächlich auf der deutlich höheren Verdichtung von nun 13:1 und den 2 Millimeter größeren Einlässen sowie Verwendung edler Materialien basiert. Nicht zu vergessen ist der komplett neu entwickelte Auspuff, der zum einen die Euro 4 Norm erfüllt und zum anderen durch seine Klappensteuerung mehr Power bei niedrigen Drehzahlen bietet.
Unterm Strich steht 2017 die wohl böseste Fireblade aller Zeiten auf der Straße, die selbst im 4.Gang auf Start-Ziel noch ohne Ende das Vorderrad erhebt. Insbesondere in der unteren Hälfte des Drehzahlbandes, hat sie mehr Druck und eine sehr lineare Leistungsentfaltung. Ein Punch im oberen Bereich hat sie somit nicht nötig, da man aus den Ecken deutlich schneller und nachhaltiger herauskommt.
Natürlich lässt sich auch nicht wegdiskutieren, dass jenseits der 280 Sachen 10 bis 15 PS für weiteren Nachdruck sorgen würden. Am Bremspunkt jedenfalls, war ich nicht langsamer als mit der vergleichbaren Konkurrenz, was zeigt, dass es immer auf das Gesamtpaket ankommt.
Die CBR1000RR Fireblade als Himmelstürmer mit toller Wheely-Kontrolle
Die CBR1000RR Fireblade als Himmelstürmer mit toller Wheely-Kontrolle
3.Turn – jetzt wird die SP losgelassen
Die SP-Version unterscheidet sich neben der Farbe hauptsächlich durch das semiaktive Fahrwerk von Öhlins. Die NIX30 Gabel und das TTX36 Federbein werden über das Öhlins eigene Steuergerät per Servostellmotoren direkt angesteuert.
Um der SP gerecht zu werden, stand sie nicht auf den serienmäßigen Bridgestone RS10, sondern auf racetaulichen V02 Slicks. Heizdecken runter, Zündung an, Starterknopf drücken, Gang rein und Aktion. Gleich nach wenigen Metern stellt man eine deutliche Veränderung zur Standard-Version fest. Die Öhlins Federelemente sprechen viel feiner an und geben deutlich bessere Rückmeldung. Auch die Brembo 4-Kolben-Monoblock-Bremszange packt deutlich bissiger zu, wobei man diese noch aggressiver kennt. Gerade beim Anbremsen auf welligem Untergrund, lupft die Fireblade das Hinterrad doch mehrfach an, was mit Hilfe der Rear Lift Control (RLC) sanft eingefangen wird. Eingefangen werden beim schnellen runterschalten auch die überflüssigen Zugkräfte durch die überarbeitete und ebenfalls leichter gewordene Anti-Hopping-Kupplung. Da stempelt nun überhaupt nichts mehr.
Noch etwas Feinjustage am Dashboard und das Fahrwerk würde in den meisten Situationen sehr gut passen. Denn beim Anbremsen der letzten Links wäre eine etwas weichere Abstimmung vorne von Nöten und beim Herausbeschleunigen nach einer engen Links im hinteren Teil der Strecke, wäre mehr Härte an der Hinterhand gefragt.
Souverän auf der Bremse mit Hilfe des Bosch Gyro-Sonsor, ABS mit Kurvenfunktion und der Rear Lift Control
Souverän auf der Bremse mit Hilfe des Bosch Gyro-Sonsor, ABS mit Kurvenfunktion und der Rear Lift Control
Schraubendreher und Notizzettel haben ausgedient – das elektronische Fahrwerk
Öhlins ist schon länger Ausstatter bei Honda. Doch nun liefern die Schweden das in anderen Superbikes bereits bewerte semiaktives Fahrwerk auch in die Fireblade. Hierbei handelt es sich um voll elektronisch einstellbare Federelemente, sodass jeglicher traditionelle Einsatz von Schraubendreher der Geschichte angehören. Zum einen ermöglicht es die voll automatische Justierung zur aktuellen Fahrsituation in Echtzeit und zum anderen, kann der Pilot sein Fahrwerk fix am Dashboard einstellen und muss nicht mehr aufwendig per Notizzettel und Werkzeug rumhantieren.
Im manuelen Modus sind 3 Modi (M1 bis M3) analog der Fahrzeugmodi voreingestellt, die je nach Einsatzgebiet bereits eine gute Ausgangsbasis darstellen. Von dieser Vorkonfiguration aus, hat man die Möglichkeit in 5% Schritten das Fahrwerk auf seine Bedürfnisse einzustellen und diese Konfiguration zu speichern. Im Grunde nichts anderes, als wenn man heute seine Fahrwerkseinstellung austüftelt.
Der interessantere Modus ist die Automatik. Hier gibt es wiederum 3 voreingestellte Modi (A1 bis A2) zu den entsprechenden Fahrzeugmodi. Nun ist es aber so, dass das Öhlins „Smart EC Suspension System“ mit Hilfe der Daten aus dem Bosch Gyro-Sonsor, das Fahrwerk in Echtzeit nachjustiert und so immer optimale Bedingungen herstellen kann. Die Einstellungen erfolgen bis zu 80 mal pro Runde und basieren auf abertausenden Testkilometern.
Dies bedeutet nun aber nicht, dass alles fix vorgegeben ist! Die Grundkonfiguration basiert auf einer neutralen Abstimmung mit Straßenreifen. Man hat die Möglichkeit jeweils 5 Schritte in beide Richtungen zu verstellen. Hierfür werden die Einstellmöglichkeiten in 4 Kategorien unterteilt. „General“ regelt das grundsätzliche Niveau, „Brake“ regelt das Verhalten auf der Bremse, „Corner“ betrachtet das Fahrwerk in Schräglage und „Acceleration“ widmet sich der Beschleunigungsphase zu. Wie gesagt, den jeweiligen Zustand liefert der Bosch Gyro-Sonsor alle 10ms. Das elektronische Dämpferpaket verstellt nun die Druck- und Zugstufe entsprechend, was in 100 feinen Schritten erfolgen kann.
Voll elektronisch einstellbares Öhlins Fahrwerk mit einer NIX30 Gabel Voll elektronisch einstellbares Öhlins Fahrwerk mit einem TTX36 Federbein
Voll elektronisch einstellbares Öhlins Fahrwerk mit NIX30 Gabel und das TTX36 Federbein
4.Turn – In 30 Minuten zur optimalen Abstimmung
Fahrmodi, Power Selector, mehr oder weniger Motorbremse, Torque Control in 9 Stufen und nun noch jeweils 10 Stufen in 4 Fahrwerkskategorien – wer soll das verstehen? Easy! Die Honda Menüführung ist so intuitiv, verständlich und übersichtlich, dass man ohne zur Rate Ziehung eines Handbuchs an den richtigen Parametern drehen kann. Hier muss also keiner Angst haben, dass es ihn überfordert.
Also, die Basis ist gelegt, somit konnten man sich im letzten langen Turn voll und ganz auf das elektronische Fahrwerk konzentrieren. Also mal schnell ein paar Runden in der Standardkonfiguration. Puh, das passt mal gar nicht für mich! Sie lenkt nur störrisch ein und beim rausbeschleunigen wird’s zum Rodeo Ritt. Dazu noch völlig instabiles Anbremsverhalten auf welligem Untergrund.
Also, „General“ 2 Stufen härter, „Acceleration“ 1 Stufe hoch, „Corner“ und „Brake“ etwas weicher. Speichern und gleich wieder raus auf die Strecke. Wow, man spürt sofort einen gravierenden Unterschied. Einlenken ist auf einmal spielerisch in punktgenau, auf der Bremse bricht sie nur noch marginal aus und das Rausbeschleunigen geht deutlich besser. Zurück in die Box. „General“ auf Maximum (bin hat doch ned klein) und Aktion. Nun passt das Einlenken wieder nicht so perfekt. Also nochmals rein in die Box. „Acceleration“ und „Brake“ jeweils eine Stufe hoch, Gang rein und Gas. Passt! Passt richtig gut!
Nachbesprechnung der EInstellungen - jede kleinste Änderung am Ohlins Fahrwerk ist direkt auf der Strecke zu spüren
Nachbesprechnung der Einstellungen - jede kleinste Änderung am Ohlins Fahrwerk ist direkt auf der Strecke zu spüren
Auf eine schnelle Runde
Nach knapp 30 Minuten testen und nachstellen hatten wir also eine Fahrwerkseinstellung gefunden, die richtig gut zu mir und meiner Art zu fahren passte. Nun waren noch 15 Minuten übrig um Spaß zu haben. Also bergab in Richtung Start-Ziel, Gas aufziehen und bis zum Curbs raustragenlassen. 3.Gang es geht leicht bergauf, die Blade streckt das Vorderrad in die Höhe. 4.Gang rein, das Rad bleibt oben und setzt nach einigen Metern geschmeidig auf – die Wheeliekontrolle arbeitet also präzise. Klein machen – selbst hinter der kleinen Scheibe finden Großgewachsene erstaunlich guten Windschutz. 5.Gang, nahe an den Drehzahlbegrenzer, kurz vor dem 250 Meter Schild, voll in die Bremse, drei Gänge runter. Schnelle rechts, rollen lassen, wieder rechts, kurz Gas, außen anbremsen. Enge rechts, schnell umlegen auf links, dabei den 3.Gang einlegen, da ich später nicht mehr mit dem Fuß drunter komme. Nicht zu früh reinziehen, Gas, über den Curbs, Vollgas. 3.Gang bis zum Begrenzer, hart anbremsen, enge links, aufpassen Bodenwelle im inneren Teil. Aufrichten und Vollgas, die Tranktionskontrolle arbeitet unaufgeregt, 3.Gang, Bremse leicht antippen, rechts, kurz Gas, runterschalten in den Zweiten. Enge rechts, Gas, 3.Gang auf der Kuppe, mutige sein und Gas stehen lassen, wooooow wird die leicht vorne und wheelt über´n den Berg. Bergab, 4.Gang, Vollgas, links durchs Tal und über die blinde leichte Rechts, anbremsen, ein Gang runter, hart rechts. Jetzt wieder bergab, links mit Vollgas, raustragenlassen. Hart außen anbremsen, einen Gang runter, warten, beherzt links reinziehen, kurz Gas, die Traktionskontrolle rettet mich über den welligen und neuen Belag, Bremse kurz antippen, wieder warten und rechts rein. Nun 3.Gang, Vollgas in die blinde Rechts bergab, kurz Gas lupfen und dann von außen reinziehen, Gas voll aufdrehen, Bäam. Mega Kurs!
Auf ein paar schnelle Runde mit Stefan Bradl - leider konnte man nicht lange dran bleiben
Auf ein paar schnelle Runde mit Stefan Bradl - leider konnte man nicht lange folgen! Eine Runde mit der Fireblade 2017
Die 3 Versionen der Fireblade
Zum ersten mal bringt Honda gleich 3 Varianten eines Bikes auf die Straße. Zum einen die hier getestete Standard und SP Version und zum anderen eine SP-2. Diese wiederum wird auf 500 Stück innerhalt 2 Jahren begrenzt und stellt die Basis für alle Rennsportserien dar.  Die Entwicklung geschah parallel zu beiden anderen in einem separaten Entwicklungsteam. Sie ist ebenfalls zulassungsfähig, kann aber mit entsprechenden Kit-Teilen von HRC zum reinrassigen Rennbike optimiert werden. Optisch unterscheidet sie sich nur in einigen Carbon-Applikationen und leichteren Marchesini-Felgen. Motorseitig wird sie mit Blick auf die Race-Performance mit 1 Millimeter größeren Einlass- und 1,5 Millimeter größeren Auslassventilen sowie modifizierten Kolben ausgestattet. Des Weiteren ändert sich der Winkel bei Ein- und Auslassventilen um jeweils 1 Grad.
Somit hat man die Wahl zwischen einem sehr guten Standardbike mit viel Elektronik für die Straße, einem rennstreckentauglichen Bike mit dem eine Landpartie auch mal Spaß macht und einem reinrassigen Racebike. Preislich bewegt sich die Standard bei 17.675 Euro und die SP bei 22.275 Euro zuzüglich Fracht. Ausgeliefert werden beide Versionen bereits im Februar. Für die SP-2 steht der aktuelle Preis noch nicht fest, kommen soll sie im Mai nachdem alle Rennteams versorgt wurden.
Beide sind ab Februar lieferbar - die Standard Fireblade und SP-Version
Beide sind ab Februar lieferbar - die Standard Fireblade und SP-Version
Fazit
Gefühlt eine halbe Ewigkeit mussten Fireblade-Fans auf eine Nachfolgerin warten. Die Konkurrenz zog davon und die Kunden hinterher. Nun hat Honda endlich wieder eine heiße Klinge hingestellt, die die 25-jährige Geschichte erfolgreich weiterführen kann. Sie hat alle notwendigen elektronischen Assistenzsysteme, die mehr als gut funktionieren, unspektakulär eingreifen und simpel zu bedienen sind. Insbesondere der Schaltassistent hat mehr als überzeugt und sollte an der Standard unbedingt mitbestellt werden. Ebenso überzeugt hat der erstmals verbaute elektronische Gasgriff, man spürte keinen Unterschied zur analogen Betätigung. Für Ambitionierte Piloten ist der Griff zur SP fast schon Pflicht, denn das elektronische Fahrwerk wird jeden Hobbyracer zu schnelle Runden tragen. Bei der Bremse merkt man, dass die Fireblade schon immer auch auf der Landstraße zuhause ist. Wer es bissiger möchte, der wird mit anderen Belägen oder Scheiben sicher das richtige Setting finden. Soundtechnisch hat sie so rein gar nichts mit ihren Vorgängerinnen gemeinsam, sie klingt einfach nur spektakulär (hier reinhören). Bei Stammtischgesprächen wird man allerdings in Sachen Spitzenleistung den Kürzeren ziehen, doch zählt unterm Strich die Rundenzeit.
 
Bilder und Videos zur CBR1000RR Fireblade 2017
Bilder vom Testride auf dem Autódromo Internacional do Algarve bei Portimão
Bilder der CBR1000RR Fireblade - Standard - SP - SP-2 
Bilder der CBR1000RR Fireblade und Firebalade SP aus Portimão
Die Entwickler und Testfahrer der SC77
Eine Runde mit der CBR1000RR Fireblade SP
Soundcheck der CBR1000RR Fireblade
Text: Rainer Friedmann "Kraftrad" Bilder: Rainer Friedmann "Kraftrad" & Honda