Honda Supersport-Testaktion im sonnigen Spanien 2009

Mein Eindruck/Test des "Combined ABS"

 
Allgemeines Vorab
Der grundsätzliche Aufbau des Honda Combined ABS - kurz C-ABS - hat mit den bisherig bekannten Motorrad ABS-Bremssystemen nichts mehr gemeinsam. Laut Aussagen von Honda, hätte man mit einem herkömmlichen ABS System niemals solch ein feines Regelverhalten erzeugen können, welches für ein Supersport Motorrad unbedingt notwendig ist.
Das Herzstück des Systems ist recht komplex - "Brake by Wire". Die Fuß- und Handbremse wirkt wie gewohnt auf die Bremsflüssigkeit ein. Solange das Bike steht, wird der Druck direkt über die Bremsleitungen auf die Bremskolben übertragen. Sobald das Fahrzeug aber in Bewegung kommt, übernimmt die "Valve Unit" die Verteilung der Bremsflüssigkeiten.

Der gewünschte Bremsdruck wird ab dann von einem Sensor gemessen. Über die ECU gibt das System dem Fahren den "gewünschten" Druck auf dem Hebel zurück, sodass der Fahrer zu keiner Zeit einen Unterschied spürt. Ein Aktor in Form eines kleinen High-Tech-Wunders baut den nötigen Druck auf und gibt ihn in Richtung Bremssättel weiter. Somit muss das System in beide Richtungen den Druck regeln und steuern, sodass der Fahrer die altbewerte Rückmeldung und die Bremszangen den notwendigen Bremsdruck bekommen - einfach genial!

 

Überblick über das elektronisch gesteuertes "Combined ABS"

Weiterhin Interessant ist auch, dass Vorder- und Hinterradbremse getrennt voneinander arbeiten und nicht wie beim herkömmlichen CBS-System der Bremsdruck direkt über eine Bremsleitung verteilt wird. Die ECU regelt alle Drücke aus und gibt bei harten Vorderbremsungen auch den notwendigen Druck nach hinten weiter. Die Drehsensoren vorne und hinten überwachen jeder Zeit den Drehgeschwindigkeit der Räder. Des Weiteren gibt die ECU auch einen kurzen Bremsimpuls beim harten bremsen vorne nach hinten weiter und eine bessere Stabilität zu erzeugen und das aufstellen des Hinterrades zu minimieren.
Wichtig zu wissen ist noch, dass das System bis 6 Km/h regelt. Ab da schaltet das System ab, da man sonst ja nie stehende Räder bekommen könnte. Des Weiteren überwacht die ECU auch die Überschlagsneigung. Somit sind zwar keine gewollten Stoppies mehr möglich, aber bei einer Notbremsung muss man nicht mehr an das Überschlagen des Fahrzeuges denken.

Auch noch zu erwähnen ist, dass "Brake by Wire" nichts mit "Drive by Wire" gemeinsam hat. Hier wird nämlich die Stellung des Gasgriffes per Sensor abgegriffen und elektronisch an die Drosselklappen weitergeleitet. Dies ist bei den Bremsen nicht der Fall - also man ist schon noch mit Leitungen direkt verbunden. Somit kann auch im Falle eines Ausfalles des Systems, ganz normal betätigt und das Fahrzeug gebremst werden.

 
Meine Erlebnisse
So - genug Technikgequatschte! Wie fühlte sich das System denn nun im Betrieb an? Ich konnte zum einen die CBR600RR und zum anderen die Fireblade im trockenen, nassen, auf Sand und der Rennstrecke testen.
Bei der ersten Landstraßenfahrt fuhr ich mit der CBR600RR. Gleich bei den ersten Bremsungen war für mich überraschend, dass man keinerlei Unterschied zur Konventionellen Bremse spürte, obwohl der Druckpunkt künstlich erzeugt wird und Elektromotoren den Bremsdruck auf die Scheiben bringen. Nach einigen Kilometern zügigem Landstraßenfahrens, öffnete dann der Himmel seine Schleusen und wir bekamen die Möglichkeit das System gleich hart im Regen zu testen. Anfangs noch recht zurückhaltend bremste ich auf wechselndem Untergrund - Zebrastreifen, Abbiegepfeile, verdreckte Straßen, etc. Schnell stellte ich aber ein geniales Vertrauen auf das Bremsverhalten der kleinen Fireblade ein. Zu guter letzt wollte ich es wissen und führte eine Notbremsung ein mit dem Ergebnis, dass die CBR600RR in einer Ruhe und Zielstrebigkeit zum stehen kam ohne das man je das Gefühl eines wegrutschens gespürt hätte. Das einzige an das man sich erst gewöhnen muss ist, dass man das Gefühl hat die Bremse würde öffnen. Tut sie ja auch, aber halt nur soweit sie muss.  
  Am 2.Landstraßentag durfte ich bei nun trockenen Verhältnissen die Fireblade bewegen. Schnell ging es ab von der Hauptstraße hinein in eine kleine verschlungene Bergstraße. Bei einer beherzten Kurvenhatz waren die gut 10 Kg Mehrgewicht nicht wirklich spürbar. Die Blade ist mit ABS genauso handlich zu bewegen wie ohne. Dies ist sicher ein Verdienst der Massenzentralisierung.

Erstaunlich für mich war auch, dass man beim normalen aber harten anbremsen der Kurven keinerlei Unterschied zur "alten" Bremse feststellen konnte. Ich hatte nämlich die Befürchtung, dass durch die Verteilung der Bremskraft von vorne nach hinten und umgekehrt - also die Funktion des CBS-Bremssystems wie bei der VFR zum Beispiel - sich negativ auf das einbremsen in Bergkurven auswirken würde. Aber es war nichts zu spüren!

Auf offener und trockener Strecke wollte ich dann die Funktion des ABS testen. Ich zog bei ca. 140 Km/h die Kupplung und betätigte beide Bremsen mit voller Kraft. Ein geniales Gefühl stellte sich ein! Das Fahrzeug bremste absolut Spurtreu, ohne jegliches ruckeln und vorallem ohne abhebendem Hinterrad auf Null herunter.

Nach zwei Tagen Landstraßencruising ging es dann auf den Circuito de Almeria auf dem ich wieder zuerst die kleine und denn die große Fireblade testen durfte. Wie verhält sich nun das C-ABS auf der Rennstrecke auf der die Straßenverhältnisse um längen besser sind und auf der nun mit den weicheren Metzeler Racetec Interacts gefahren wurde?

Das Honda C-ABS half mir als wenig rennstreckenerfahrener Fahrer schnell mich an mögliche Bremspunkte heran zu tasten. Denn schnell stellte ich fest, dass ich Anfangs noch nicht ständig im Regelbereich bremste. Erst als ich eine doch recht optimistisches Überholanbremsmanöver hinlegte und zu guter letzt voll in die Bremse fasste, nutzte ich das volle Vermögen der Bremse aus. Toll fand ich hier wieder, dass das Fahrzeug absolut Spurtreu blieb und das Einlenken in die Kurve problemlos möglich war.

Richtige Rennstreckencracks werden sicher mit dem C-ABS keine besseren Rundenzeiten erzielen, aber es beruhigt den Fahrer bei harten einbremsen im Kurvenbereich und hält das Fahrzeug bei Bremsduellen sauber in der Spur. Bei einer Vielzahl an Runden spart das sicher Kraft und Konzentration, was unter umständen eben doch am Ende eines Rennen einen schneller machen kann. Eines muss man sich jedoch immer vor Augen führen - auch das beste ABS der Welt kann die Physik nicht überlisten!

Zum Abschluss durfte ich dann noch mit der Fireblade einige Bremsversuche auf Sand machen. Anfangs hatte ich trotz der gewonnenen Erfahrungen der 4 Tage ein etwas mulmiges Gefühl, so einfach aus voller Fahrt auf Sand voll zu bremsen. Aber auch hier zeigte das System ihre Qualität und verzögerte die Fireblade hervorragend und mit einer beeindruckenden Ruhe.
 
Hier nun einige Bilder des Bremsversuches [zum vergrößern auf Bild klicken]
Man kann hier deutlich sehen, dass selbst auf Sand die Bremsleistung extrem hoch ist, da die Gabel doch recht weit eingetaucht ist.
Die Fireblade bleibt zu jeder Zeit auf ihrer Linie, man spürt keinerlei ruckeln der Regeltätigkeit im Bremshebel.
Deutlich zu erkennen ist hier, dass das Hinterrad am Ende des Bremsvorganges leicht vom Boden abhebt. Dies spielt sich aber alles im Bereich unter 6 Km/h ab.
Bilder: www.Racepixx.de
 
Mein Fazit
Das von Honda neu entwickelte C-ABS ist aus meiner Sicht ein absolutes Muss. Alle Fahrzeuge sollten serienmäßig damit ausgerüstet sein, wobei man sicher streiten kann ob es abschaltbar sein sollte, damit einige Zeitgenossen weiterhin ihre Spielereien ala Stoppies und Queranbremsrutscher durchführen können.

Fakt ist, dass man im Alltag auf jedem Belag bedenkenlos eine Voll- bzw. Schreckbremsung durchführen kann und nicht auf rutschende Räder oder überschlagende Fahrzeuge achten muss. Ein geübter Fahrer kann dies sicher auch nach ein paar Bremsversuchen ähnlich gut schaffen, aber wie oft kann man diese in der Not durchführen?!

Das Honda System für Sportmotorrräder ist auf jeden Fall eine absolute Bereicherung und Sicherheitsfaktor ohne den sportlichen Fahrspaß zu minimieren. Ich bin überzeugt, dass die Unfallstatistik ihres zum Durchbruch des ABS bei Sportmotorrädern tun wird. Und die knapp 1.000 Euro Aufpreis hat man eh mit einem Umfaller bezahlt ;-) 

 

Technik / Test

 

Mit freundlicher Unterstützung von

Photo2U - Racepixx
Arai Deutschland
Metzeler
Honda Motor Europe (North) GmbH
Combined ABS - allgemeine Erläuterung
Mein Eindruck/Test des Combined ABS
Mein Test der CB1000R

Reisebericht

Tag 1: Die Anreise
Tag 2: Der erste Kontakt auf der Landstraße
Tag 3: Landstraße die 2.
Tag 4: Der erste Kontakt mit der Rennstrecke
Tag 5: Rennstrecke die 2.
Tag 6: Die Abreise

Bilder & Filme

Bilder des kompletten Events
Der Film zur Testaktion
Filme von der Strecke in Almeria

Zeitungsberichte

Berichte im Syburger Verlag
Bericht in BikerSzene und Kradblatt
Supersport-Spaß ohne Stress (Motorradfahrer - April 2009)

Weiterer Reisebericht

Reisebericht von Nicole#36