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Allgemeines Vorab |
Der grundsätzliche Aufbau des Honda Combined ABS - kurz C-ABS -
hat mit den bisherig bekannten Motorrad ABS-Bremssystemen nichts
mehr gemeinsam. Laut Aussagen von Honda, hätte man mit einem
herkömmlichen ABS System niemals solch ein feines Regelverhalten
erzeugen können, welches für ein Supersport Motorrad unbedingt
notwendig ist. |
Das Herzstück des Systems ist recht komplex - "Brake by Wire". Die
Fuß- und Handbremse wirkt wie gewohnt auf die Bremsflüssigkeit ein.
Solange das Bike steht, wird der Druck direkt über die
Bremsleitungen auf die Bremskolben übertragen. Sobald das Fahrzeug
aber in Bewegung kommt, übernimmt die "Valve Unit" die Verteilung
der Bremsflüssigkeiten. Der gewünschte Bremsdruck wird ab dann von
einem Sensor gemessen. Über die ECU gibt das System dem Fahren den
"gewünschten" Druck auf dem Hebel zurück, sodass der Fahrer zu
keiner Zeit einen Unterschied spürt. Ein Aktor in Form eines kleinen
High-Tech-Wunders baut den nötigen Druck auf und gibt ihn in
Richtung Bremssättel weiter. Somit muss das System in beide
Richtungen den Druck regeln und steuern, sodass der Fahrer die
altbewerte Rückmeldung und die Bremszangen den notwendigen
Bremsdruck bekommen - einfach genial! |
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Überblick über
das elektronisch gesteuertes "Combined ABS" |
Weiterhin Interessant ist auch, dass Vorder- und Hinterradbremse
getrennt voneinander arbeiten und nicht wie beim herkömmlichen
CBS-System der Bremsdruck direkt über eine Bremsleitung verteilt
wird. Die ECU regelt alle Drücke aus und gibt bei harten
Vorderbremsungen auch den notwendigen Druck nach hinten weiter. Die
Drehsensoren vorne und hinten überwachen jeder Zeit den
Drehgeschwindigkeit der Räder. Des Weiteren gibt die ECU auch einen
kurzen Bremsimpuls beim harten bremsen vorne nach hinten
weiter und eine bessere Stabilität zu erzeugen und das
aufstellen des Hinterrades zu minimieren. |
Wichtig zu wissen ist noch, dass das System bis 6 Km/h regelt. Ab da
schaltet das System ab, da man sonst ja nie stehende Räder bekommen
könnte. Des Weiteren überwacht die ECU auch die Überschlagsneigung.
Somit sind zwar keine gewollten Stoppies mehr möglich, aber bei
einer Notbremsung muss man nicht mehr an das Überschlagen des
Fahrzeuges denken. Auch noch zu erwähnen ist, dass "Brake by Wire"
nichts mit "Drive by Wire" gemeinsam hat. Hier wird nämlich die
Stellung des Gasgriffes per Sensor abgegriffen und elektronisch an
die Drosselklappen weitergeleitet. Dies ist bei den Bremsen nicht
der Fall - also man ist schon noch mit Leitungen direkt verbunden.
Somit kann auch im Falle eines Ausfalles des Systems, ganz normal
betätigt und das Fahrzeug gebremst werden. |
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Meine Erlebnisse |
So - genug Technikgequatschte! Wie fühlte sich das System denn nun
im Betrieb
an? Ich konnte zum einen die CBR600RR und zum anderen die Fireblade im
trockenen, nassen, auf Sand und der Rennstrecke testen. |
Bei der ersten Landstraßenfahrt fuhr ich mit der CBR600RR.
Gleich bei den ersten Bremsungen war für mich überraschend,
dass man keinerlei Unterschied zur Konventionellen Bremse
spürte, obwohl der
Druckpunkt künstlich erzeugt wird und Elektromotoren den Bremsdruck
auf die Scheiben bringen. Nach einigen Kilometern zügigem
Landstraßenfahrens, öffnete dann der Himmel seine Schleusen
und wir bekamen die Möglichkeit das System gleich hart im
Regen zu testen. Anfangs noch recht zurückhaltend bremste
ich auf wechselndem Untergrund - Zebrastreifen,
Abbiegepfeile, verdreckte Straßen, etc. Schnell stellte ich
aber ein geniales Vertrauen auf das Bremsverhalten der
kleinen Fireblade ein. Zu guter letzt wollte ich es wissen
und führte eine Notbremsung ein mit dem Ergebnis, dass die
CBR600RR in einer Ruhe und Zielstrebigkeit zum stehen kam
ohne das man je das Gefühl eines wegrutschens gespürt hätte.
Das einzige an das man sich erst gewöhnen muss ist, dass man
das Gefühl hat die Bremse würde öffnen. Tut sie ja auch,
aber halt nur soweit sie muss. |
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Am 2.Landstraßentag durfte ich bei nun trockenen
Verhältnissen die Fireblade bewegen. Schnell ging es ab von
der Hauptstraße hinein in eine kleine verschlungene
Bergstraße. Bei einer beherzten Kurvenhatz waren die gut 10
Kg Mehrgewicht nicht wirklich spürbar. Die Blade ist mit ABS
genauso handlich zu bewegen wie ohne. Dies ist sicher ein
Verdienst der Massenzentralisierung. Erstaunlich für mich
war auch, dass man beim normalen aber harten anbremsen der
Kurven keinerlei Unterschied zur "alten" Bremse feststellen
konnte. Ich hatte nämlich die Befürchtung, dass durch die
Verteilung der Bremskraft von vorne nach hinten und
umgekehrt - also die Funktion des CBS-Bremssystems wie bei
der VFR zum Beispiel - sich negativ auf das einbremsen in
Bergkurven auswirken würde. Aber es war nichts zu spüren!
Auf offener und trockener Strecke wollte ich dann die
Funktion des ABS testen. Ich zog bei ca. 140 Km/h die
Kupplung und betätigte beide Bremsen mit voller Kraft. Ein
geniales Gefühl stellte sich ein! Das Fahrzeug bremste
absolut Spurtreu, ohne jegliches ruckeln und vorallem ohne
abhebendem Hinterrad auf Null herunter. |
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Nach zwei Tagen Landstraßencruising ging es dann auf den Circuito de Almeria
auf dem ich wieder zuerst die kleine und denn die große
Fireblade testen durfte. Wie verhält sich nun das C-ABS auf
der Rennstrecke auf der die Straßenverhältnisse um längen
besser sind und auf der nun mit den weicheren Metzeler
Racetec Interacts gefahren wurde? Das Honda C-ABS half mir
als wenig rennstreckenerfahrener Fahrer schnell mich an
mögliche Bremspunkte heran zu tasten. Denn schnell stellte
ich fest, dass ich Anfangs noch nicht ständig im
Regelbereich bremste. Erst als ich eine doch recht
optimistisches Überholanbremsmanöver hinlegte und zu guter
letzt voll in die Bremse fasste, nutzte ich das volle
Vermögen der Bremse aus. Toll fand ich hier wieder, dass das
Fahrzeug absolut Spurtreu blieb und das Einlenken in die
Kurve problemlos möglich war.
Richtige Rennstreckencracks werden sicher mit dem C-ABS
keine besseren Rundenzeiten erzielen, aber es beruhigt den
Fahrer bei harten einbremsen im Kurvenbereich und hält das
Fahrzeug bei Bremsduellen sauber in der Spur. Bei einer
Vielzahl an Runden spart das sicher Kraft und Konzentration,
was unter umständen eben doch am Ende eines Rennen einen
schneller machen kann. Eines muss man sich jedoch immer vor
Augen führen - auch das beste ABS der Welt kann die Physik
nicht überlisten! |
Zum Abschluss durfte ich dann noch mit der Fireblade
einige Bremsversuche auf Sand machen. Anfangs hatte ich
trotz der gewonnenen Erfahrungen der 4 Tage ein etwas
mulmiges Gefühl, so einfach aus voller Fahrt auf Sand voll
zu bremsen. Aber auch hier zeigte das System ihre Qualität
und verzögerte die Fireblade hervorragend und mit einer
beeindruckenden Ruhe. |
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Hier nun einige Bilder des
Bremsversuches
[zum vergrößern auf Bild klicken] |
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Man kann hier deutlich
sehen, dass selbst auf Sand die Bremsleistung extrem hoch
ist, da die Gabel doch recht weit eingetaucht ist. |
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Die Fireblade bleibt zu
jeder Zeit auf ihrer Linie, man spürt keinerlei ruckeln der
Regeltätigkeit im Bremshebel. |
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Deutlich zu erkennen ist
hier, dass das Hinterrad am Ende des Bremsvorganges leicht vom
Boden abhebt. Dies spielt sich aber alles im Bereich unter 6
Km/h ab. |
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Bilder:
www.Racepixx.de |
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Mein Fazit |
Das von Honda neu entwickelte C-ABS ist aus meiner Sicht
ein absolutes Muss. Alle Fahrzeuge sollten serienmäßig damit
ausgerüstet sein, wobei man sicher streiten kann ob es
abschaltbar sein sollte, damit einige Zeitgenossen weiterhin
ihre Spielereien ala Stoppies und Queranbremsrutscher
durchführen können. Fakt ist, dass man im Alltag auf jedem
Belag bedenkenlos eine Voll- bzw. Schreckbremsung
durchführen kann und nicht auf rutschende Räder oder
überschlagende Fahrzeuge achten muss. Ein geübter Fahrer
kann dies sicher auch nach ein paar Bremsversuchen ähnlich
gut schaffen, aber wie oft kann man diese in der Not
durchführen?!
Das Honda System für Sportmotorrräder ist auf jeden Fall
eine absolute Bereicherung und Sicherheitsfaktor ohne den
sportlichen Fahrspaß zu minimieren. Ich bin überzeugt, dass
die Unfallstatistik ihres zum Durchbruch des ABS bei
Sportmotorrädern tun wird. Und die knapp 1.000 Euro Aufpreis
hat man eh mit einem Umfaller bezahlt ;-) |
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