Die Intermot 2014 @Kraftrad

Die Intermot 2014 - So war sie aus Kraftrad´s Sicht
Text & Bilder: Rainer Friedmann 'Kraftrad' 
Am vergangenen Sonntag gingen nach knapp einer Woche Intermot, die Lichter in den Kölner Messehallen aus. Nicht aber für „das Motorrad“, denn dieses Jahr hatte man das Gefühl von Aufbruch und neu gewonnenem Interesse am motorisierten Zweirad. Gab es noch vor 2 Jahren so gut wie keine Neuheiten in Köln und hatte man damals ein gelähmtes und gelangweiltes Gefühl, so ging heute ein Hauch von Motorradfrühling durch die Hallen. Zum einen präsentierten die Hersteller tolle Neuheiten oder stellten diese noch für 2015 in Aussicht und zum anderen war das Publikumsinteresse dieses Jahr extrem hoch.
Was waren denn meine persönlichen Eindrücke der Intermot 2014?
Da muss ich ganz klar mit Kawasaki beginnen. Kawa präsentierte mit der Ninja H2R das größte Highlight seit der S1000RR Präsentation 2008 (übrigens damals auch zuerst auf der Intermot). Zum einen freue ich mich über die gefallene „Pflicht“ sich selber mit Leistungsangaben zu beschränken und zum anderen, dass der Sportlermarkt wieder stärker fokussiert wird. So sagt Kawa ganz klar, es wir aus dem Kompressorbefeuerten 998ccm Triebwerk eine 200PS starke Straßenversion und eine bis zu 300 PS starke Rennversion geben. Optisch bringt die H2R wieder altbewährte Technik des Gitterrohrrahmens in ein japanisches Bike hinein und polarisiert sicher mit ihrer Linienführung die Geschmäcker der Sportbikergemeinde. Auf jeden Fall setzten „die Grünen“ hier einen neuen Maßstab um den es vielschichtige Diskussionen geben wird. Warten wir mal auf die EICMA, denn hier soll die fertige Straßenversion präsentiert werden.
Kawasaki auf der Intermot Bilder von Kawasaki auf der Intermot
Kawasaki Ninja H2R
Front der Kawasaki Ninja H2R
Vor 6 Jahren fiel hier bei der Intermot für die Bayerische Motoren Werke mit der Präsentation der S1000RR der Startschuss für eine beispiellose Modelloffensive. Seit dieser Zeit „werfen“ die Bayern jährlich neue Highlights auf den Markt und beherrschen unser deutsches Straßenbild – jedes vierte Bike ist nämlich eine BMW in Deutschland.
So präsentierten die Bajuwaren eine im Detail perfekt optimierte S1000RR. Zum einen hat man 6 PS und 1 Nm draufgesattelt und kommt nun auf 199 PS bei 113 Nm, zum anderen schwitze sie 4 Kg in allen Teilen insbesondere beim Auspuff heraus und steht nun auf sportlichen 204 Kg fahrfertig. Dazu kommen noch unzählige elektronische Features aus dem Rennsport bzw. der HP4 und machen sie so zum wohl perfektesten Supersportler in allen Lagen, also quasi zum Marc Marquez hinter dem man um den zweiten Platz sich streiten kann.
Aber nicht nur die Racer unter uns wurden bedient, denn mit einer sehr gelungene R1200R sowie einen Sporttourenboxer R1200RS, wird BMW den Markt 2015 sicher bestimmen. Und glaubt man nun noch den Gerüchten, dann war das noch nicht alles und wir werden auf der EICMA noch weitere Überraschungen präsentiert bekommen – tolle, durchdachte Modellstrategie wie ich finde.
BMW auf der Intermot Bilder von BMW auf der Intermot
BMW S1000RR in der 2015 Version
BMW S1000RR in der 2015 Version
Meine (mit etwas Abstand zur Messe betrachtet) persönliche Nummer 3 auf der Intermot war Yamaha. Zwar präsentierten sie mit der MT-09 ABS Street Rally, MT-07 Moto Cage, dem Projekt YARD Built, einem futuristischen 3-Rad sowie der Stil-Ikone XJR1300 in neuem Gewande keine wirklichen Highlights, dennoch ging ein Hauch von Spannung durch den Messestand. So lief im Hintergrund immer wieder ein Ankündigungstrailer für etwas ganz Großes – die neuen R1?! Erhofft hatten wir sie schon hier, so wird sie wohl auf der EICMA dem Publikum präsentiert werden.
Yamaha auf der Intermot Bilder von Yamaha auf der Intermot
Bild aus dem Yamaha-Trailer zur möglichen R1 - EICMA 3.November 2015
Bild aus dem Yamaha-Trailer zur möglichen R1 - EICMA 3.November 2015
Aber auch bei Suzuki fühlte man den Startschuss zur Aufholjagt am Markt – man tut wieder was an seinen Bikes. So präsentierte sie das MotoGP Kampfgerät und den lange ersehnten nackten Sportler GSX-S1000 sowie die Halbverkleidete Version GSX-S1000F in jeweils der MotoGP-Lackierung. Dem etwas eingestaubten Supersportler GSX-R1000 verpasste man nun ein ABS, was sicherlich längst überfällig war. Ob man hiermit die Zeit bis zur Neuen in 2016 überbrücken werden kann ist aus meiner Sicht jedoch eher fraglich. Nebenbei erstrahlte der Allrounder und frühere Verkaufsschlager Bandit 1250S in neuem Glanz.
Suzuki auf der Intermot Bilder von Suzuki auf der Intermot
Susuki GSX-S1000 sowie die Halbverkleidete Version GSX-S1000F
Susuki GSX-S1000 sowie die Halbverkleidete Version GSX-S1000F
Triumph beschränkte sich mehr auf überarbeitete und farblich verschönerte Café Racer ala Bonneville Spirit SE bzw. Bonneville Newchurch und präsentierten leider keine neue SpeedTriple. Dafür haben sie ihrem Verkaufsschlager, der kleinen StreetTriple ein paar coole Features in der Sonderversion RX mitgegeben – sehr fein!
Bilder von Triumph auf der Intermot
Die Kleine Streety edel aufgewertet - Die Triumph Street Triple RX
Die Kleine Streety edel aufgewertet - Die Triumph Street Triple RX
Enttäuscht war ich etwas vom Honda-Auftritt auf der Intermot. Nicht vom Stand an sich, der Präsentation, der sehr freundlichen und einladenden Stimmung – Nein – von den präsentierten Neuheiten. Wir befinden uns auf dem stärksten Markt in Europa und bekommen im Grunde nur eine wirkliche Neuheit zu Gesicht – den sehr gelungenen VFR800X Crossrunner. Dazu noch die Einführung der CBR300R in den deutschen Markt, was sicherlich eine gute Basis darstellt um wieder junge Leute für Sportbikes zu begeistern, da dieser kleine Flitzer doch sehr stark an die Fireblade angelehnt wurde.
Aber wo bleibt eine neue CB1000R? Die African Twin? Eine stärkere CBF1000F? Eine leichtere VFR1200F? Oder natürlich ein V4 oder gar V5 Sportler? Eine neue Fireblade hatte ich nicht einmal erwartet, denn wer den Produktzyklus seit 1992 beobachtet, der wird erst für 2016 nervös werden. Naja, wenigstens gehen einige glaubwürdige Gerüchte um, die Großes auf der EICMA erwarten. Aber liebe Honda-Verantwortliche in Japan! Ist Italien der Markt in dem ihr Euch die großen Absatzzahlen erhofft?
Honda auf der Intermot Bilder von Honda auf der Intermot
Die Honda VFR800X Crossrunner in der Standard und der Adventure Version
Die Honda VFR800X Crossrunner in der Standard und der Adventure Version
Und was gab´s bei den anderen Motorradherstellern so alles in Köln zu bestaunen? Ducati präsentierte einen kultigen Scrambler, KTM eine 1290 Mega Adventure, Harley-Devidson einige Bikes jedermann in Form einer Road Glide Special, Horex hatte ihre VR6 am Start, Aprillia ging irgendwie unter und das bunte Rollerangebot war mächtig. Stopp, nochmals zurück zu Ducati. Der Messestand stand natürlich im Zeichen der neuen Scrambler, aber auch im sportlichen Dunst der Panigale. So wurde groß die IDM-Meistermaschine präsentiert. Kombiniert man das mit der Panne während einer Ducati-Präsentation, bei der im Filmhintergrund ein 1299 zu sehen war, dann können wir uns auf das EICMA Heimspiel der Italiener freuen.
Weitere Bilder von der Intermot
IDM Superbike Champion Bike 2014 - Ducati 1199 Panigale R von Xavi Forés (3C-Racing Team)
IDM Superbike Champion Bike 2014 - Ducati 1199 Panigale R von Xavi Forés (3C-Racing Team)
Sehr schön fand ich dieses Jahr die Zubehörsparte. Sicher gab es auch hier wieder einige eher – sorry den Ausdruck – dubiose Chinahersteller, doch war der Anteil von hochwertigen innovativen Produkten extrem gut. Hier wurden unzählige Teile präsentiert, die unsere Bikes nicht nur verschönern und individualisieren, sondern sicher auch verbessern. Bekleidung und insbesondere Helme, nahmen ebenfalls viel Raum ein – unglaublich was es so alles gibt. Sehr ansprechend fand ich hier den HELD-Strand auf dem ua. gezeigt wurde, was alles per Einzelanfertigung möglich ist, vom pink Prinzessinnen Handschuh über eine Fußball-Weltmeister-Kombi bis hin zum König Ludwig-Einteiler. Im Grunde hätte man einen ganzen Tag sich nur an diesen Ständen rumtreiben können.
Metzeler mit der Präsentation des Sportec Klassik Weltmeister Kombi von HELD Racing-Handschuhe von HELD in Wunschfarbe
X-lite und Noland mit den neuen Helmen für 2015
Weltmeister-Kombi oder Pink Racing-Handschuhe von HELD, perfekt angepasstes Zubehör von ABM für die Fireblade oder Komplettumbauten aus der Schweiz, Reifen (Sportec Klassik) für Jungtimer von Metzeler  oder Helme aller Art, die Intermot 2014 bot für jeden was.
Eine eHalle durfte natürlich in der heutigen Zeit auch nicht fehlen. Man mag drüber denken wie man will, viele von uns (auch ich) können damit noch nicht so wirklich was anfangen, wenn ein Bike mit‘nem summen an einem vorbeirollt, aber das ist unsere Zukunft! Taucht man in diese Welt allerdings mal tiefer ein, so stößt man auf vielversprechende Firmen die durchdachte Produkte am Start hatten - die eMobilität, Design und Funktionalität sehr gut vereinen und hier sicherlich unsere Zukunft maßgeblich beeinflussen werden. Muss mich hiermit ab sofort glaub mehr beschäftigen.
Elektro-Roller der schweizer Firma vRBikes für 3.595 Euro (ohne Kuhfell) Kumpan electric mit tollen Rollerkonzepten
Elektro-Roller der schweizer Firma vRBikes für 3.595 Euro (ohne Kuhfell) oder Kumpan electric mit tollen Rollerkonzepten
Faszinierend fand ich die Custom-Bike--Halle. Was hier an tollen Umbauten und Interpretationen standen – wow. In vielen Bikes stecken unzählige Arbeitsstunde, Schweiß und Ideen. Sicherlich nicht jedem seine Sache, aber irgendwie bewundernswert.
Tattoo-Bike im Rahmen der AMD World Championships 2014
Tattoo-Bike im Rahmen der AMD World Championships 2014
Ja und – was bleibt unterm Strich für mich hängen?
Die Lust auf´s Motorrad ist in Deutschland wieder gestiegen, der Sportlermarkt hat seine Talsohle durchschritten und kann nun wieder Gas geben, Zubehör wir immer edler bei einem guten Preis-Leistungsverhältnis, Motorradbekleidung ist nicht nur funktional, sondern inzwischen richtig modisch und die eMotion ist bereit zum durchstarten.
Es wäre schön, wenn der Spirit aus Köln weiter getrieben werden würde, wir Biker mit Freude unser Hobby anderen näherbringen und wenn diese gefühlte Aufbruchsstimmung von allen Herstellern befeuert werden würde. Sicherlich sind die Verkaufszahlen im Supersportsegment nicht mehr die von vor 10 Jahren, doch stellt sich mir immer die Frage: Haben wir keine interessanten Supersportler mehr, die man kaufen will oder will man keine Supersportler mehr bauen weil sie keiner will?
Diese unvernünftigen, völlig überzüchteten, mit Leistung im Überfluss gesegneten, Plastikbestückte, Aerodynamisch geformten Geräte, die im Grunde keiner von uns braucht und nur ein Promill der Menschheit je wirklich voll ausfahren werden kann, genau die Dinger sind das Salz in der Suppe, nach der – jedenfalls ich als Kind und mein Vater und dessen Kumpels – sich gesehnt haben und bei denen immer das Habenwillgen ganz groß war. Kawa, BMW und Ducati machen es vor, der Rest zieht hoffentlich nach. Ich freu mich auf jeden Fall schon auf den ersten Vergleichstest der sechs bis acht großen Bigbikes 2016 bei denen die Topspeed auf dem Tacho nicht bei 299 Endet und PS-Zahlen mit einer zwei vorne beginnen.