|
Trockenspaß – der neue Pirelli Diablo
Rosso II |
|
Alle Jahre wieder kommen namhafte Reifenhersteller mit Neuheiten
auf den Markt um den immer kleiner werdenden Kundenkreis mit immer
besseren Gummis zu beglücken. So werden in aufwendigen Pressemeldungen
die nochmals verbesserte Handlichkeit, eine hervorragende Lenkpräzision
oder der absolute Nassgrip beworben – um mal einige Schlagwörter
zu nennen. Und was bleibt am Ende vom höher-schneller-weiter übrig?
Dies galt es am Sachsenring mit der neuen Referenz im Supersport
Segment aus dem Hause Pirelli zu testen - den Pirelli Diablo Rosso
II. Er löst den bisherigen Diablo Rosso ab und vereint die sportlichen
Ambitionen des Diablo Rosso Corsa mit dem Komfort und der Laufleistung
eines Straßenreifens. Seine Zielgruppe sind ambitionierte Fahrer
im Supersportbereich sowie die Naked Biker – „Superbiketechnik für
jeden Tag“, so ein Kommentar bei der Präsentation. Bei strahlemden
Sonnenschein, absolut blauem Himmel und bereits frühsommerliche
Temperaturen, ging es um 8 Uhr auf die wohl beste Grand-Prix-Strecke
Deutschlands, den 3,671 Km langen Sachsenring. Hier sollten wir
die Gelegenheit haben einen Tag lang im Rahmen einer BMW-Fahrertraining-Veranstaltung
von Team Moto-Bike, den neuen Reifen auf unterschiedlichsten Bikes
bzw. Fahrzeugkonzepten zu testen. |
|
|
|
|
|
|
Los ging´s mit der brandneuen Suzuki GSX-R750.
Die Reifen waren bereits einige Runden eingefahren und warm. So
konnte es gleich recht zügig losgehen. Zuerst musste ich jedoch
die Strecke mit ihren blinden Ecken in meinen Kopf bekommen, was
auch recht schnell funktionierte – bis auf´s Omega in dem ich den
richtigen Bogen nicht gleich herausfand…….gggrrrr. |
Dies war aber sicher nicht der Grund warum ich kein
Vertrauen zur Maschine bzw. zum Reifen aufbaute. Kippeliges Gefühl
in den Kurven, häufiges korrigieren der Linie, unerwartete kleine
Rutscher am Hinterrad, unruhiges anbremsen nach Start/Ziel – ständig
war irgendwas! Lag es am Reifen oder am Bike? Hatte ich doch beim
Metzeler Sportec M5 Interact Test auf der alten 750ziger auch schon
ein schlechtes Gefühl. Also der Turn war nix. |
|
|
|
|
|
Um den unbefriedigenden ersten Turn schnell aus dem Kopf zu
bekommen, griff ich als nächstes zur Triumph 675 Daytona
– war ich doch beim M5-Test mit ihr am besten unterwegs. Und siehe
da, es geht doch. Nicht mal eine „Kennenlernrunde“ war notwendig
um mit ihr ans Gas gehen zu können. Runde um Runde wuchs der Spaß.
Nur auf Start/Ziel war ich gegen die S1000RR Armada unterlegen.
Aber es gibt ja einen Bremspunkt am Ende und die darauf folgende
Kurvenachterbahn. Egal in welcher Lage, der Reifen hielt das was
die Ingenieure von Pirelli versprachen. |
War bei der Präsentation doch die Rede von einer
„deutlich vergrößerten Kontaktfläche“ und einer „deutlichen Verkürzung
des Bremsweges“, was durch den Einsatz von EPT (Enhanced-Patch-Technology)
erreicht worden sei. Und in der Tat hatte ich das Gefühl, dass gerade
beim Bremsen dieser „Mehrgummi“ – je nach Schräglage 12 bis 17 Prozent
– in Verbindung mit einer „Slick-Zone“ in der Reifenmitte und der
Reduzierung des Negativanteils des Reifenprofils, hier ihren Anteil
am guten Gefühl hatte. Tolle Runden! |
|
|
|
|
Nun wollte ich mal was ganz anderes über eine Rennstrecke bewegen
– eine KTM 990 Superduke. Geht das überhaupt, dachte
ich mir? Es geht und wie! Natürlich ist man auf der Gerade hoffnungslos
unterlegen, aber was soll´s. Mit einer optimierten Kurvenwahl konnte
man so einiges wieder gut machen (waren ja nicht alle Fahrer Rennstreckenfest).
Und hierin lag auch der Spaß bei diesem Bike – Kurven. Spielerisch
und punktgenau ließ sie sich hineinwerfen. Man hatte immer das Gefühl,
dass noch deutlich mehr drin wäre. Leider wurde man durch die mangelnde
Schräglagenfreiheit etwas eingebremst. |
|
|
Also ging es danach gleich mit der KTM 990 Superduke
R weiter. Sie hat ein etwas höheres Heck, ist deutlich
sportlicher ausgelegt und entfaltet ihre Leistung noch explosiver.
Und in der Tat, mit ihr konnte man Schräglagen auskosten ohne Ende.
Anbremsen nach Start/Ziel war ein Kinderspiel, umlegen nach rechts,
ran ans Gas, von außen nach links innen ziehen und runter ins Omega.
Hier weit anfahren und mit ordentlich Schwung den Berg hoch, noch
schnell einen vor der Doppellinks schnappen und dann die Schnelle
links Bergab genießen wo man am Ende sich wieder den ein oder anderen
schnappen konnte. Links Bergauf mit ordentlich Drehmoment und genialem
Sound in die nächste Doppellinks bevor es in einer weiten Rechts
hinab ins Tal ging. Hier war es nicht immer einfach den richtigen
Gang zu |
|
|
wählen, sodass ich des Öfteren den Drehzahlbegrenzer
bemühen musste. Außen anbremsen und in einem weiten Bogen nach links
reinziehen bevor es in einer recht langsamen links wieder steil
Bergauf über Start/Ziel ging. Weit außen anfahren und die ganze
Breite ausnutzen, so konnte man sich genügend Schwung verschaffen,
die S1000RR mit etwas Windschatten am Ende der Geraden zu packen
– waren ja wie gesagt auch ein paar „langsame“ Kurvenfahrer unterwegs
;-) |
|
|
Um nun die KTM-Familie komplett zu haben, ging es gleich weiter
mit der KTM 1190 RC8. Die Sitzposition war etwas
gewöhnungsbedürftig und es dauerte schon ein bis zwei Runden, bis
ich mich am richtigen Platz fühlte. |
|
Auch auf ihr arbeitete der Diablo Rosso II hervorragend. Ich
hatte zu jeder Zeit ein sehr gutes Gefühl für den Grip bzw. den
Grenzbereich, welcher sich rechtzeitig ankündigte. Einzig mit der
Gangabstufung kam ich wieder nicht ganz klar. Imposant waren das
„Erlebnis“ Motor, die Vibrationen bei Volllast ließen einen das
Fahren ganz anders erleben als ich es von meinen Reihenvieren her
kenne – toll! |
|
|
Nach diesen genialen Fahrerlebnissen, musste ich nochmals auf
die GSX-R 750 steigen und ein paar Runden drehen
– kann doch nicht sein, dass ich mit ihr nicht zurechtkomme?! Es
lief deutlich besser als noch am frühen Morgen. Das Gefühl für´s
Vorderrad war nun deutlich besser und diese kleine Rutscher verzeichnete
sie nun auch nicht mehr, aber so richtig anfreunden konnte ich mich
mit ihr nicht. Sicher lässt sie sich recht einfach um den Kurs bewegen,
hat ausreichend Leistung mit einer harmonischen Entfaltung dieser
– Richtiger Fahrspaß kam bei mir jedoch nicht auf – Erlebnisarm. |
|
|
|
|
Zu guter Letzt stand noch die Aprilia RSV4
auf meinem Plan. Das Bike mit dem Alex Hofmann bei Sport1 die Grand-Prix-Strecken
der Welt erklärt und mit der Max Biaggi sich Superbike-Krone 2010 aufsetzte.
Nach wenigen Kurven wurde mir auch gleich klar warum. Selten zuvor habe
ich so schnell Vertrauen in ein Motorrad entwickelt wie hier. Kurve um Kurve
machte einfach nur Spaß. Selbst im Omega in dem ich bis dato irgendwie nie
die Linie fand, flutschte es einwandfrei. Die Kombination Diablo Rosso II
und Aprilia RSV4 passte hervorragend zusammen. Aus den Kurven raus entwickelten
sie einen wahnsinnigen Grip und beim anbremsen nach Start/Ziel hatte ich
das Gefühl am spätesten und härtesten von allen Bikes des Tages bremsen
zu können. Die Leistungsentfaltung, welche von einem gigantischen Auspuff-
und Motorensound begleitet wurde, war absolut gleichförmig, sehr gut beherrschbar
und zu jeder Zeit in „genügendem“ Maße vorhanden. Rund um – Rennstreckenfahren
vom feinsten. |
|
Nach diesem Erlebnis folgte das absolute Kontrastprogramm des
Tages – die Ducati Diavel in der Carbon-Edition
wartete auf mich. Ein 240/45 ZR17 Diablo Rosso II sollte die 162
PS mit 127,5 Nm (im Sport-Modus) auf die Straße bringen. Wow – was
für ein Gerät, dachte ich mir so als ich versuchte die etwas andere
Sitzposition einzunehmen. Beim Startvorgang brauchte ich noch tatkräftigen
Support, da man den Schlüssel nur noch dabei haben muss und der
Startvorgang mit einem Schiebeschalter und Knopf vonstattengeht
– etwas gewöhnungsbedürftig. |
|
|
|
|
Los ging´s, raus auf Sachsens Landstraßen. Ein kerniger böser
Sound begleitete jeden Zug am Gasgriff. Mühelos und ohne irgendeine
Unterbrechung des Vorschubes ging´s voran. Trotz des riesigen Hinterrades
und des langen Randstandes, lies sie sich mühelos von einer Ecke
in die nächste bewegen. Nur an die geringe Schräglagenfreiheit musste
man sich gewöhnen – der Schalthebel blieb leider auf der Strecke.
Es war interessant, wie entspannt und leichtfüßig man mit diesem
Teufelsgerät über´s Land cruisen konnte. Gegen Ende der Landstraßenrunde
zog ein Gewitter auf und so wurden wir auf den letzten Metern noch
etwas nass. |
|
|
|
Dafür konnte der Diablo Rosso II gleich seine Eigenschaften
im Nassen unter Beweis stellen. Denn durch einen von 30 auf 70 Prozent gesteigerten
Anteil am Füllstoffs Silica und des mit EPT optimierten Profilbildes, sollte
trotz Slick-Zone auf einem Großteil der Lauffläche die Haftung im nassen
gesteigert worden sein. Tatsächlich! Selbst mit dem wahnsinnigen Drehmoment
der Diavel, kam der Reifen sehr gut im Nassen klar und vermittelte einem
ein gutes sicheres Gefühl für Traktion und Kurvengrip. Eine Fahrt mit diesem
Gerät sollte sich auf jeden Fall keiner entgehen lassen – Erlebenswert. |
|
Zurück an der Strecke brach dann das Gewitter richtig los
und setzte die Strecke praktisch komplett unter Wasser. 10 Minuten vor Ende
es Events lies der Regen nach und so konnte ich meinem Spieltrieb nicht
wiederstehen. Um noch etwas Erfahrung im nassen zu sammeln, fuhr ich mit
der Triumph 675 Daytona nochmals für 3 Runden raus. War
nicht ganz einfach zu fahren, da an manchen Stellen auf der Strecke noch
sehr viel Wasser stand. |
|
|
In leichter bis mittlerer Schräglage klappte alles recht gut.
Der Reifen entwickelte schnell eine vertrauenswürdige Haftung und
insbesondere beim anbremsen am Ende von Start/Ziel konnte man sich
auf das Vorderrad verlassen. Soweit so gut. Wollte man aber etwas
mehr, so war der Spaß schnell zu ende. War aber auch klar, wenn
man sich den Reifen genau anschaut – kein Profilrillen bis zum Rand!
Hier erkauft sich Pirelli den hervorragenden Spaß im trockenen mit
Nachteilen im Nassen. Also bei normalen Regenfahrten funktioniert
dieser Gummi sicher sehr gut, möchte man aber etwas mehr, dann kann
das sehr schnell böse enden. |
|
|
Fazit: Pirelli hat
hier ein wirklich guten Reifen gebacken der bei Trockenheit hervorragend
arbeitet. Feines Feedback und sehr stabiles Bremsverhalten gehören ebenso
zu ihm, wie eine sichere Haftung in Schräglage sowie ordentlich Grip beim
Beschleunigen. Dazu kommt noch, dass der Verschleiß trotz eines sportlichen
Rennstreckentages absolut im Rahmen blieb und ich so von einer deutlich
längeren Laufleistung ausgehe als sonst in diesem Segment üblich. Leider
haben wir in unseren Breiten aber nicht immer nur trockene Straßen unter
uns und so sollte einem Bewusst sein, dass der Diablo Rosso II im nassen
seine Grenzen hat. Und bei den Bikes geht mein Erster Platz uneingeschränkt
an die Aprilia RSV4, gefolgt von der hervorragenden
Triumph 675 Daytona und der KTM 990 Superduke R
als Funbike. |
|
|
|
|
|
|