Zum 2.mal Emotion und Adrenalin - Die Panigale

Bilder vom Event am Hockenheimring
Die Ducati 1199 Panigale auf dem Hockenheimring
Vor zwei Jahren, als meine Fireblade zum Kundendienst musste, durfte ich mir die Ducati 1199 Panigale auf verschlungenen Straßen in der Gegend um Löchgau zu Gemüte führen. Damals wurde mir sehr schnell klar, dass diese Art von Motorrad bzw. die Motorenart nicht meines werden wird. Im unteren Drehzahlbereich zu ruppig, in engen Kehren zu störrisch und ab kapp 8000 Umdrehungen zu brachial.   Emotion und Adrenalin – Die Panigale 1199
Ziemlich genau zwei Jahr später hatte ich nun die Gelegenheit, dieses Gerät in einer artgerechten Umgebung - dem 4.574 Meter langen Hockenheimring - ausführen zu dürfen. Im Rahmen Ducati4U, sollte es bei nahezu perfekten äußeren Bedingungen auf Zeitenjagt gehen.
Zum 2.mal Emotion und Adrenalin - Die Ducati 1199 Panigale auf dem Hockenheimring
Es ist angerichtet - die große und kleine Panigale Testbikes stehen bereit
Die Morgensonne linste bereits über´s Fahrerlager rein in die Boxengasse, in Reih und Glied standen rote 1199 und weiße 899, also große und kleine Panigales, in den Boxen liefen die ersten Motoren bereits warm und Andreas Holzer – der Ducati Marketing & Pressemann – begrüßte im Rahmen der Fahrerbesprechung alle Teilnehmer und Besucher, stellte das Instruktorteam rund um Max Neukirchner vor und stimmte uns auf das Erlebnis Ducati ein. 
  Es konnte also losgehen. Schnell ne Ecke in der Instruktor-Box unter Beschlag nehmen, mein Zeug dort deponieren (bin ja mit der Blade angereist), Helm untern Arm und raus zur roten Diva. „Mist, alle 1199 bereits vergeben?!“ Nein – ganz hinten im Eck der Instruktor-Box stand einsam eine weiße 1199 Panigale im absoluten Serientrimm mit Spiegeln, Nummernschild und voller Festbeleuchtung. In einer Schnelleinweisung wurde ich in die vielen Spielereien und Einstellmöglichkeiten der 195 PS starken Italienerin eingeweiht. Allein dafür müsste ich mir mal nen ganzen Tag reservieren, dachte ich so. Ist das umfangreich! 
Zündung an, Mäusekino leuchtet, Startknopf drücken, der Zweizylinder zuckt ein zweimal, Gänsehaut! Brüllte das Ding damals auch so gut im Stand? Egal, Helm auf und rauf auf die Strecke. Erste Runde mal nach den Rechten schauen, zweite Runde die Pirellis auf Temperatur bringen, dritte Runde Gas. Mit nicht mehr enden wollendem Vortrieb ging´s die Parabolika raus, anbremsen der Spitzkehre, pah, locker 25 Meter verschenkt, die Brembo-Stopper ankern mal richtig gut. Raus aus der Spitzkehr, 3.Gang noch drin, das Ding verschluckt sich, geht gefühlt fast aus und zottelt langsam in Richtung Mercedestribüne, Mist. Runde um Runde, musste ich meine 4-Zylinder-Fahrweise auf die eines 2-Zylinder umstellen.  
In der Mitte des Turns, als ich dann mal aus der Spitzkehre im richtigen Gang und mit entsprechend Drehzahl raus kam, passte mein Speed für die nächste Rechts. Gas leicht lupfen - so machte ich das sonst - und umlegen. Schwups musste ich die ganze Straßenbreite nutzen, denn eine Motorbremse wie ich es gewohnt war, gab es nicht. In der Box erklärte man mir ausführlich die Funktion des EBC (Elektronische Motorbremse), welche das Anheben der Drosselklappen während des Bremsvorgangs zur Reduktion des Motorbremsmoments regelt. Im Landstraßenbetrieb normalerweise komplett an und auf der Renne erst mal aus. Ich entschied mich dann mal für die erste Stufe im nächsten Turn.  
Meine Erste Runde auf´m Ring war noch nicht wirklich rund. Das einzige was schon mal sehr gut passte - die Sitzposition. War sie mir auf der Landstraße nicht wirklich passend, fühlte ich mich in der Racinghaltung gleich mal richtig wohl. Und dann war da natürlich noch das Sounderlebnis, denn wenn es rein danach gehen würde, dann hatte ich glaub meine schnellste Runde aller Zeiten hier gedreht. Das Gerät klingt mal sowas von genial und potent - Hammer.
Auf den ersten Blick nicht gleich zu erkennen - da hat sich an zweiter Stelle eine Ducati 899 Panigale dazwischengemogelt
Auf den ersten Blick nicht gleich zu erkennen - da hat sich an zweiter Stelle eine Ducati 899 Panigale dazwischengemogelt
Sonne durchflutete inzwischen die Boxengasse und ließen meine strahlend weiße Panigale erleuchten. Klar muss eine Ducati rot sein, doch finde ich persönlich sie in weiß noch graziler und Formvollendeter. Eines muss man den Italienern nämlich uneingeschränkt bestätigen – sie können designen. An dem Teil passt einfach jede Ecke, hier wird kein einziges Detail ausgelassen und in wunderschöne Formen gebracht. Hier sieht man nicht zwischen drin irgendwelche Kabel „wild“ verlegt, hier werden die kleinsten Schrauben und Ecken durch geschwungenes Carbon bedeckt – ich komm glaub gerade ins Schwärmen. Aber je länger man das Teil anschaut, umso mehr Raffinessen entdeckt man.
Schluss mit der Träumerei, auf der Strecke wird entschieden ob´se was taugt. Also Turn 2. Reifen wieder komplett kalt, halbe Runde einrollen, Feuer frei. Die Bremspunkte passten nun auch so langsam, denn gerade Ende der Parabolika kann man ordentlich Meter gut machen. Schon irgendwie klasse, was serienmäßig zu einem guten Preis für Bremsen möglich sind! Rechts Richtung Mercedes-Tribüne passte nun auch. Runde um Runde lief es besser. Schaltautomat arbeitete perfekt, die Traktionskontrolle half mir gerade Eingangs Parabolika voll am Gas zu bleiben (schon schön mal nicht laufend hier überholt zu werden wie mit der Blade) und wie schon beschrieben, ankerten die Brembos in jedem Umlauf perfekt und Zielsicher. Geiler 2.Turn!
Tolle Formen, extrem sportlicher Blick - Groß und Kein einträchtig nebeneinander
Zeit wieder ins Schwärmen zu kommen und die Funktionen des Dashbords zu durchdringen. Schon sehr beeindruckend, was man an diesem Bike alles einstellen, anpassen und verändern kann. Wenn ich dann noch dran denke, dass dieses Gesamtpaket für knapp 19.000 Euro so zu haben ist, frag ich mich schon aus welchem Grund man Bikes mit weniger Raffinessen zum annähernd selben Preis kaufen soll? Schaue hier mal ganz streng in Richtung Japan!
Negativ beeindruckend war aber auch der extreme Sprithunger, den nach zwei Turn leuchtete die Tankanzeige bereits lichterloh. Ein Blick auf den Hinterreifen, unterstrich gleich nochmals, dass über ihn ordentlich Leistung auf die Straße übertragen wurde, der sah nämlich auch nimmer so gut aus.
Egal, Sprit rein und raus auf die Piste. In Turn 3 und 4 lief es richtig gut. Hatte mich an das Gerät gewöhnt und wusste wo ich was für eine optimale Runde zu tun habe. So war es dann auch nicht verwunderlich, dass der Laptimer mir immer wieder bessere Zeiten anzeigte und ich Anfangs des 4.Durchgangs eine 1:53:25 (Duc Laptimer, Pirelli APP: 1:53:199) hin bekam. Für ein Bike im absoluten Serientrim und mir als riesen Bremsfallschirm drauf, nicht ganz schlecht.
Die Pirelli Jungs waren gut beschäftigt - die Panigale fordert den Gummi aber auch auf´s äußerste und der macht alles mit
Nach dem Mittag wollte ich auf neuen Gummis (insbesondere hinten war nichts mehr mit zu reißen) nochmals angreifen und unter der 53zig bleiben. Meine liebgewonnene weiße Diva war aber weg bzw. anderweitig verplant. Da bot mir mein Händler (Zweirad Trinkner) seine auf Slicks stehende Panigale S für den 5.Turn an – wow!
Was ist an der S anders? Knapp 5.000 Euro Mehrpreis, elektronisch einstellbares Fahrwerk, LED-Scheinwerfern und noch leichtere Rädern. Motorseitig stehen ihr ebenfalls die 195PS bei 10750 Touren bzw. 132 Newtonmeter bei 9000 Touren zur Verfügung – der wohl derzeit stärkste Serienzweizylinder und heißester Konkurrent für die weißblauen. Insbesondere das extrem leichte Gewicht von fahrbereiten 190Kg, machen die Duc zum Siegertyp.
Bremshebel schnell einstellen, Heizdecken runter, Gerät ablassen und auf geht´s. Die Slicks sind ja angewärmt, also Feuer frei. Einfahrt zur Parabolika, annähernd 130 Newtonmeter verzahnen sich mit dem Asphalt und feuern den Vortrieb brachial an. Was nun aber geschah: Die ganze Fuhre wurde auf etwa der Hälfte recht schwammig, die Hinterhand fing an zu pumpen. Megagrip und deutlich schwererer Fahrer zeigen einem schnell, warum Fahrwerke individuell eingestellt werden müssen! Dennoch ging die S hammermäßig vorwärts und zeigte mir ein weiteres mal, warum sie in der IDM gerade zum Seriensieger avanciert. Leider hatte ich den Laptimer nicht richtig gestartet und meiner Pirelli APP ging der Strom aus…….grrrrr. Somit blieb dieser Turn ungezeitet, dafür mir einem breiten Grinsen in meinem Gesicht.
Im letzten Turn, durfte ich dann mit meiner 2012er Fireblade auf Metzeler M7RR noch ein paar Runden drehen. Prompt ging es Ende der Parabolika gerade aus in Richtung Auslaufzone. Hatte ich doch meinen Bremspunkt heute neu gefunden, was für die Serienblade gut 20 Meter zu spät war! Schon irgendwie hart, da fährt man zwei serienmäßige Bikes zu nahezu ähnlichen Preisen und rauscht auf der Bremse in vollem Regelbereich erst mal in die Botanik. Naja, mit der Schrecksekunde im Nacken, passte ich mich schnell an und brachte es - Pirelli APP war wieder geladen – auf eine 1:58:989. Btw. der neue M7RR arbeitet hier sehr überzeugend – dazu in einem anderen Bericht mal mehr dazu.
Ein toller Tag auf dem Hockenheimring ist zu Ende. Wie immer drängt sich in diesem Moment die Frage nach dem „und, wie ist´se“ auf. Ich drück´s mal in ein paar Schlagworten aus wie, brachial, extrem, unvernünftig, wunderschön, klangvoll, durstig, emotional, rennstreckeninfektiös, faszinierend, messerscharf und sauschnell.
Etwas ausführlicher formuliert liest sich das wie folgt: Die Ducati 1199 Panigale fühlt sich auf der Rennstrecke richtig wohl, denn Drehzahlen unterhalb 6000 Touren gehen nicht ohne pressluftartigem rütteln von statten und bei Schrittgeschwindigkeit verglühen einem die Beine bzw. lassen den Kühler nicht mehr zur Ruhe kommen. Bewegt man das Gerät aber jenseits der 8000 Umdrehungen pro Minuten, so quittiert sie einem dies mit Leidenschaft, Handlichkeit, Drehfreude, Soundgenuss und unendlichem Spaß. Obwohl sie unter mir eher zierlich wirkt, passt die Ergonomie perfekt zu mit. Würde mich jetzt einer Fragen, welches Bike möchtest für die Rennstrecke haben, so würde ich ohne zu zucken die Panigale nehmen. Sicher kommt man mit zB. einer S1000RR bzw. HP4 schneller klar, doch wenn man den Erlebnisfaktor mit berücksichtigt, dann fällt die Wahl klar auf die rote Diva.